Samstag, 15. Januar 2005

Wer nimmt eigentlich Arbeit?

Je mehr ich über den Begriff "Arbeitnehmer" nachdenke, desto verwirrter bin ich. Sind nicht die sogenannten Arbeitnehmer diejenigen, die wenn schon nicht Arbeit, so doch ihre Arbeitsleistung den Betrieben geben? Der Begriff "Arbeitnehmer" suggeriert doch, dass der arbeitende Mensch etwas nimmt, was er großzügigerweise vom sogenannten Arbeitgeber bekommt. (Und als Arbeitgeber gilt in großen Unternehmen das Management, obwohl es sich ebenso nur aus Angestellten zusammensetzt wie das Fußvolk.) Und zusätzlich gibt es obendrauf noch Lohn bzw. Gehalt. Der sogenannte Arbeitnehmer nimmt also nur, während der sogenannte Arbeitgeber nur gibt. Diese Begriffsverwirrung spielt meines Erachtens eine Rolle dabei, dass die Politik heutzutage bereit ist, den Unternehmensvertretern jeden nur erdenklichen Wunsch zu erfüllen. Denn wie dürfte man jemanden vor den Kopf stoßen, der den Menschen nur gibt?

Der frühere Begriff "Arbeiter" hat viel klarer gemacht, wer eigentlich die Arbeit erbringt. Nur weil dieser Begriff Assoziationen von Schweiß und Staub weckt, wollten die Angestellten, die ihre Arbeit in sauberen Räumen am Schreibtisch leisten, damit nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Wenn zum Beispiel Gewerkschaftsvertreter heute noch klarmachen wollen, wer da eigentlich arbeitet, sollten sie meines Erachtens lieber weiter von "Arbeitern und Angestellten" als von "Arbeitnehmern" sprechen, da diese Bezeichnung der allgegenwärtigen Meinungsmache von den zu faulen und unflexiblen Arbeitserbringern in Deutschland nur entgegenkommt.

Die Definition von Arbeit als etwas, das das Unternehmen dem Angestellten gibt, wäre nur dann sinnvoll, wenn man Arbeit als etwas Negatives betrachtet, das in den Unternehmen herumliegt und das die Angestellten nur an sich nehmen, wenn sie dafür mit Lohn und Gehalt entschädigt werden. Eine Art Abfallentsorgung also, bei der das Arbeiten dem Abbau von Arbeit dient. Der sogenannte Arbeitnehmer gibt also seine Arbeitsleistung, um die Arbeit zu beseitigen. Danach ist die Arbeit dann weg. (Das widerspricht natürlich der Definition von Arbeit in der Physik, wo sie eine Entsprechung von Energie, also etwas Positives ist.)

Das führt mich dann direkt zum nächsten Vorschlag: Wer "Arbeiter und Angestellte" zu lang oder zu sozialistisch angehaucht findet, könnte doch statt von "Arbeitnehmern" auch von "Arbeitsleistern" sprechen. Statt von "Arbeitgebern" könnte man eher von" Lohngebern" sprechen, da Lohn und Gehalt das einzige sind, was die Unternehmen ihren Angestellten im positiven Sinne geben.

Das Begriffspaar "Lohngeber" und "Arbeitsleister" würde jedenfalls eine wesentlich klarere Beschreibung der Wirklichkeit liefern als "Arbeitgeber" und "Arbeitnehmer".
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