Allgemeines

Donnerstag, 25. August 2005

Die Subway- und Starbucks-Seuche

Durch Zufall bin ich auf eine schöne Kolumne im San Francisco Chronicle gestoßen, in der der Autor Mark Morford die depressiv machende Eintönigkeit und Seelenlosigkeit der von Ketten beherrschten Konsum- und Gastronomielandschaft in den USA von Ost bis West und Nord bis Süd beschreibt.

Vieles davon lässt sich auch auf Deutschland und Europa übertragen, wo der Trend ganz in dieselbe Richtung geht: Überall verdrängen StarBucks-Filialen alteingesessene Cafés und Subway-Niederlassungen gemütliche Imbisslokale.

Dabei gibt es -auch wenn man das Buch "No Logo" von Naomi Klein nicht gelesen hat- keinerlei Entschuldigung für die Blödheit, die man besitzen muss, um die Niederlassungen dieser Ketten zu frequentieren.

Aus den Subway-Läden riecht es schon grundsätzlich nach feuchter Pappe und wahrscheinlich bestehen die dort angebotenen belegten Baguette-Brötchen auch genau daraus. Die Auswahl ist in allen Läden gleich beschränkt: Belegte Brötchen mit der immergleichen Auswahl an Füllungen - als ob das noch nie dagewesen sei und die Welt nur darauf gewartet hätte. Aber es gibt ja auch noch ganze Menüs: Die bestehen dann aus einem belegten Brötchen plus einem Süßgetränk plus einem Cookie oder einer Mini-Tüte Chips. Toll! So wird aus dem angeblich gesunden Essen gleich wieder eine fast-food-typische Kalorienfalle.

Die Starbucks-Läden sind nicht minder schlimm: Für plörrigen Kaffee zahlt man dort Mondpreise und wird nicht einmal bedient. Wie ein schöner Spruch sagt: "Latte Macchiato" ist italienisch für "Sie haben zuviel für diesen Kaffee bezahlt". Die auf die Fahnen geschriebene Verantwortung ist eine bloße Marketing-Masche: Es gibt zwar auch einen(!) fair gehandelten Kaffee, aber den wohl nur auf besondere Nachfrage.

Wenn man dann noch weiß, zu welchen Bedingungen diese Ketten ihre Mitarbeiter beschäftigen, verbietet sich eigentlich für jeden denkenden Menschen, sie mit seinem Geld zu unterstützen.

Das überhaupt schlimmste aber an diesen Ketten ist meines Erachtens nach, dass sie überall die ortstypische, individuelle Gastronomie verdrängen und so dafür sorgen, dass man allerorten nur noch denselben Einheitsfraß bekommt. Wer schon einmal echten italienischen Espresso getrunken oder echte argentinische Tapas gegessen hat, weiß, dass das von den Ketten verkaufte Zeug nicht mithalten kann. Aber diese Erfahrung machen viele junge Menschen gar nicht mehr, weil sie von kleinauf mit den Ketten aufgewachsen und getreu dem Motto "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" dabei geblieben sind.

Aber wollen wir wirklich in Rom, Stockholm, Athen, London, Paris, Warschau und Berlin überall dasselbe essen und trinken? Traurig, wenn es so wäre.

Sonntag, 14. August 2005

Katholisch und vernünftig?

Man kann ja nicht oft genug darauf hinweisen, dass die offizielle katholische Lehre mit ihrer Verdammung von Kondomen für den Aids-Tod von Tausenden von Menschen in aller Welt verantwortlich ist - weil die vom Vatikan angebotene Alternative der Enthaltsamkeit in der wirklichen Welt mit ihren wirklichen Menschen einfach nicht funktioniert und daher keine ist. Die Bibel selbst sagt ja weder etwas über Schwangerschaftsverhütung noch über tödliche Geschlechtskrankheiten - die Position des Papstes und seines Gefolges zu diesen Themen beruhen also einzig auf Weltfremdheit und sturer Verbohrtheit - mit tödlichen Folgen.

Umso dankbarer war ich für die Kampagne "Gute Katholiken benutzen Kondome", die anlässlich des katholischen Weltjugendtages in allen U-Bahn-Stationen Kölns mit Plakaten vertreten ist.

Nun habe ich herausgefunden, dass dahinter eine US-Initiative "Condoms4Life" steckt, die auch eine eigene Website betreibt: http://www.condoms4life.org.

Den Menschen, die dahinter stecken, kann man nicht genug Respekt zollen. Nicht nur, dass sie versuchen, ihren Glauben mit Pragmatismus, Lebensnähe und Vernunft zu vereinbaren, sie tun dies auch gegen den geballten Widerstand einer noch immer mächtigen und einflussreichen Lobby von rückständigen Doktrinären.

Montag, 11. April 2005

Keine Absichten

Niemand hat die Absicht Brücken zu bauen,
niemand hat die Absicht eine Mauer zu streichen.
Niemand hat die Absicht das BAföG zu klauen,
niemand hat die Absicht sein Ziel zu erreichen.

© 2005 H. Dressel, inspiriert von Walter Ulbricht und Angela Merkel

Montag, 28. März 2005

Winterzeit

Die Umstellung auf Sommerzeit macht mir immer wahnsinnig zu schaffen, da meine innere Uhr sich offenbar nicht einfach mal um eine Stunde umstellen lässt. Glücklicherweise habe ich Gleitzeit und kann mich daher in Etappen umstellen. Zunächst werde ich nach der Uhr eine halbe Stunde später (d.h. nach der inneren Uhr eine halbe Stunde früher) zur Arbeit fahren. Wenn das geschafft ist, kann ich dann den endgültigen Schritt vollziehen und nach der Uhr wie im Winter leben. Eigentlich könnte man diese ganze Tortur aber auch recht einfach vermeiden:
Ich fordere Sommerzeit auch im Winter! (Man könnte es dann auch als Sommer- und Winterzeit bezeichnen.)

Das hätte gegenüber der heutigen Praxis nur Vorteile: Die lästige Umstellung zweimal im Jahr entfiele. Die Sommerzeit soll ja dem Umstand Rechnung tragen, dass sich der Tagesablauf in unseren Lebensgewohnheiten nach hinten verschoben hat. Das gilt aber im Winter genauso wie im Sommer. Außerdem wird es ja im Winter noch früher dunkel, d.h. gerade dann wäre es wünschenswert, wenn das Tageslicht noch eine Stunde später verfügbar wäre. Sicher, es würde morgens recht lange dunkel bleiben, aber dass stört die meisten Menschen doch viel weniger als der frühe Anbruch der Dunkelheit.

Montag, 31. Januar 2005

Lob der Lachermacher

Ich habe ja manchmal den Verdacht, dass der eigentliche Sinn des menschlichen Lebens im Lachen liegt. Das Universum hat mit dem Menschen ein Wesen hervorgebracht, das den Witz, den es darstellt, zu würdigen weiß.

Schon zu meiner Kindheit und Jugend habe ich Komiker und Satiriker viel mehr bewundert als irgenwelche anderen, sogenannten Helden. Daher finde ich es immer traurig, wenn wieder einer dieser Menschen, die mich mal zum Lachen gebracht haben, von der Bühne des Lebens abtritt. So wie nun Ephraim Kishon. Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gelesen und weiß noch nicht mal, ob ich seine Geschichten heute immer noch so komisch fände, aber ich weiß noch, dass ich seine Bücher damals verschlungen habe und dass sie mir eine große Freude bereiteten. (So wie übrigens auch alle Filme mit Louis des Funes, die mir heute gerade noch ein Schmunzeln entlocken.) Immerhin lebt mit Dieter Hallervorden noch einer meiner "Komik-Helden" von früher.

Donnerstag, 27. Januar 2005

60ter Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

Das immer noch und sicher auch in alle Ewigkeit so Unfassbare am Holokaust ist, dass dieses absolute Grauen mit den Mitteln der Zivilisation und der Industrialisierung stattfand. Da wurde geplant und organisiert, da wurde einander zugearbeitet und da wurden Kräfte gebündelt. Alles, um aus Rassenwahn millionenfach Menschen umzubringen, während ein paar hundert Kilometer weiter westlich die Menschen ihrem scheinbar zivilisierten Alltag nachgingen.

Ich fände es sinnvoll, wenn eine Fahrt nach Auschwitz (oder ein anderes heute noch zu besichtigendes Vernichtungslager) Pflichtprogramm für alle deutschen Schüler würde. Jetzt, da Polen der EU angehört, sollte das organisatorisch keinerlei Problem mehr darstellen. Das würde auch dem immer wieder aufkeimenden Neonazismus endgültig das Wasser abgraben, denn nur noch der übliche unbelehrbare und soziopathische Kern hält nach so einer Erfahrung an solch einem menschenverachtenden Gedankengut fest.

Sonntag, 9. Januar 2005

Gefühlsinkontinenz?

Es ist schon fast ein bisschen spät für einen Rückblick auf das Jahr 2004. Da ich diesen Blog aber gerade erst eröffnet habe, tue ich es nun doch noch:

Natürlich wird dieses Jahr immer als das der großen Flutkatastrophe in Erinnerung bleiben und sicher waren die Bilder grausam. All die zerstörten Existenzen, all die Menschen, die ihre Liebsten verloren haben, all die Waisen.
Trotzdem gab es für mich im Jahr 2004 noch schlimmere Bilder, nämlich die der Geiselnahme bzw. der chaotischen Geiselbefreiung von Beslan. Denn was dort geschah, haben Menschen Menschen angetan, während der Tsunami in Südasien ein Naturgeschehen war, das niemand hätte aufhalten können. Wenn man wie ich nicht an ein allmächtiges , allwissendes und gütiges höchstes Wesen glaubt, kann man so etwas in die Kategorie "grausames Schicksal" einordnen. (Diejenigen, die an ein solches Wesen glauben, haben es da schon schwerer.)

Aber Beslan war eindeutig Menschenwerk. Als in den Jahresrückblicken im Fernsehen noch einmal gezeigt wurde, wie die bis auf Unterhosen nackten Kinder um ihr Leben rannten und sich auf Wasserflaschen stürzten sobald sie aus der Gefahrenzone waren, bekam ich einen Kloß im Hals und meine Augen wurden feucht. Ich bin selber nicht ganz sicher, ob das "echtes" Mitgefühl oder einfach nur Gefühlsinkontinenz war. Ich dachte daran, wie furchtbar es gewesen sein musste, mehrere Tage anderen Menschen ausgeliefert zu sein, die offenbar sowenig Mitgefühl hatten, dass sie ihren Opfern nicht einmal Wasser zu trinken gaben. Nicht einmal Wasser, ein absolut elementares Grundbedürfnis. Die Geiselnehmer hätten ihrer Position ja nicht im Mindesten geschadet, wenn sie ihren Geiseln etwas zu trinken gegeben hätten.

Durch den Vergleich der Bilder von Beslan mit denen der Flutkatastrophe wurde mir jedenfalls ein Paradox bewusst:
Nur Menschen können unmenschlich sein.
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Natürlicher Verstand

Dem Hauke seine Gedankenschnipselverwertung

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