Samstag, 5. Februar 2005

Dank der Deutschen Bank

Denn sie stellt nun ein für alle mal klar, dass die Gewerkschaften recht haben: Jegliche "Trickle-Down-Theorie" ist schwachsinnig - es geht den Beschäftigten in den Unternehmen nicht automatisch schon besser, wenn es den Unternehmen besser geht. Trotz absoluter Rekordgewinne hat das Management der Deutschen Bank massiven Stellenabbau angekündigt. (Wie vorher auch schon die Führungsetagen anderer deutscher Großkonzerne.)
Dank gesetzlicher Regeln zum Schutz der Beschäftigten muss sie dafür zumindest etwas springen lassen: Der Stellenabbau wird die Deutsche Bank immerhin über eine Milliarde Euro kosten. Nicht auszumalen, was wäre, wenn all die wirtschaftsliberalen Forderungen zur Einschränkung des Kündigungsschutzes schon umgesetzt wären: Dann müsste das Unternehmen für seine verachtenswerten Entscheidungen nicht einmal diese Buße zahlen.

Ereignisse wie dieses machen klar, dass "wirtschaftsliberal" nichts anderes heißt als anti-sozial. Denn wer sich als wirtschaftsliberal statt einfach nur als liberal bezeichnet, macht damit klar, dass es ihm gar nicht um mehr Freiheit für die Menschen, sondern lediglich um mehr Freiheit für das Kapital geht. Und die kann den Menschen und ihren Entfaltungsmöglichkeiten sogar schaden.

Merkwürdigerweise merken die Unternehmensverbände gar nicht, dass sie mit ihren Forderungen nach Lohnverzicht, längeren Arbeitszeiten und Abbau des Kündigungsschutzes an dem Ast sägen, auf dem sie selber sitzen, indem sie damit für mangelnde Konsumlust und also für ein Anhalten der inländischen Flaute sorgen. Noch freuen sich die großen Konzerne über ihre Riesengewinne, aber die werden zur Zeit ausschließlich durch den Export gemacht. Und wie Werner Flassbeck, Chefvolkswirt der Unctad, in der Financial Times Deutschland sehr schön erläutert, müssen solche Gewinne über kurz oder lang verpuffen, wenn sie nicht auch in höhere Löhne fließen und so durch einen Anstieg des Konsums auch im Inland begleitet werden.

Eigentlich sagt einem doch schon der klare Menschenverstand, dass die Nachfragebedingungen den Unternehmen wichtiger sein sollten als die Angebotsbedingungen: Was nützen den Unternehmen niedrige Steuern und Löhne, wenn sie auf ihren Waren und Dienstleistungen sitzen bleiben? In den Führungsetagen deutscher Unternehmen sitzen aber offenbar hauptsächlich ideologisch Verblendete, sonst hätten sie nicht in der Vergangenheit Leute wie einen Olaf Henkel oder einen Michael Rogowski zu ihren Sprechern gemacht.

Ludwig Erhard wusste es da schon besser:
Der Zustand einer in Permanenz optimal ausgelasteten Wirtschaft, die zugleich auch die Wachstumskräfte lebendig halten und im Fortschritt bleiben will, setzt allerdings eine dynamische und im Grunde konsumfreudige Bevölkerung voraus. Erst dieser von mir oft angeschnittene Wille zum Verbrauch gestattet es, dass sich die Produktion ohne Störungen fortentwickeln kann und dass das Streben nach Rationalisierung und Leistungsverbesserung lebendig bleibt.
("Wohlstand für Alle", 1964)

Mittwoch, 2. Februar 2005

Bürokratieabbau leicht gemacht

Wenn mal wieder von den wirtschaftlichen Problemen in Deutschland die Rede ist, dann fällt immer ganz schnell auch das Stichwort "Entbürokratisierung". Meistens steckt dahinter aber nur die Absicht, Regeln zum Schutz von Verbrauchern, Beschäftigten und Umwelt zu stutzen, auf dass sich das Kapital umso freier und ungestörter entfalten möge.

Nun habe ich mal einen Vorschlag, mit dem man hunderte einzelgesetzlicher Regelungen auf einen Schlag abschaffen könnte, ohne dass irgendwer dadurch beeinträchtigt würde: Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare statt umständlicher Extragesetzgebung durch das Lebenspartnerschaftgesetz und die zugehörigen Regelungen in über hundert Einzelgesetzen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist ein wahres Bürokratiemonster: Niemand weiß genau, in welchen Bereichen sie verpartnerte schwule und lesbische Paare rechtlich bereits gleichstellt und in welchen diese aufgrund der CDU-Blockade im Bundesrat weiterhin gegenüber Ehepaaren benachteiligt werden. (Diese Blockade lief im Resultat darauf hinaus, dass Lebenspartner füreinander sämtliche Pflichten übernehmen -siehe Bedarfsgemeinschaft bei Hartz IV-, dass aber im Gegensatz dazu bei weitem nicht alle Rechte wie bei Ehepartnern gewährt werden. So gelten bei gegenseitiger Beerbung dieselben geringen Freibeträge wie bei zueinander völlig fremden Personen.)

In den Firmen müssen Personalabteilungen erst mühsam recherchieren, welche Rechte bei sich verpartnernden Mitarbeitern in Bezug z.B. auf Sonderurlaub oder Partneransprüche aus der betrieblichen Altersversorgung gelten.

All dieser Aufwand wird getrieben, um künstlich zwischen einer homofreien Ehe und einem "Aliud" Eingetragene Partnerschaft unterscheiden zu können. Hinter dieser künstlichen Unterscheidung steckt kaum verhohlen die irrationale Befürchtung, dass gleichgeschlechtliche Paare das Institut der Ehe beschmutzen und so das Abendland dem Untergang weihen würden.

Dabei sollten Heteros sich klar machen, dass das Eheverbot für zwei Menschen gleichen Geschlechts den Gleichheitsgrundsatz und damit auch ihre Grundrechte verletzt: Durch die willkürliche Definition der Ehe als Mann plus Frau wird Männern verboten, was Frauen erlaubt ist (nämlich einen ledigen Mann zu ehelichen), und umgekehrt. Dass diese Definition willkürlich ist, haben die Niederlande und Belgien mit ihren mehrheitlich katholischen Einwohnern schon bewiesen. (Spanien gesellt sich bald dazu.)

Also: Hier gibt es eine goldene Gelegenheit, Bürokratie abzubauen. Da kein Gesetz (auch nicht das Grundgesetz) die Ehe ausdrücklich als ein Institut zwischen Mann und Frau festschreibt, könnte dieser Unsinn schon morgen per Erlaß an die Standesämter beendet werden, die ab sofort nur noch verheiraten statt verheiraten und verpartnern müssten. Spannend wäre es auch, die Reaktion von Politikern aus dem konservativ-bürgerlichen Lager zu sehen: Es würde sich schnell zeigen, wie ernst es ihnen mit ihrer Forderung nach Bürokratieabbau wirklich ist.

Dienstag, 1. Februar 2005

Bayern mit roter Laterne

Wie vom Sachverständigen Peter Bofinger vorhergesagt, hat der harte Sparkurs von Edmund Stoiber in Bayern das Wachstum abgewürgt. Dies belegt eine Umfrage des britischen NTC-Instituts, welche in der Financial Times Deutschland zitiert wird.
Die Indikatoren dieser Untersuchung weisen Bayern nun sogar als das Wachstumsschlusslicht im Westen Deutschlands aus, womit Stoiber die von ihm so gerne zitierte rote Laterne nun selber tragen darf.

Montag, 31. Januar 2005

Lob der Lachermacher

Ich habe ja manchmal den Verdacht, dass der eigentliche Sinn des menschlichen Lebens im Lachen liegt. Das Universum hat mit dem Menschen ein Wesen hervorgebracht, das den Witz, den es darstellt, zu würdigen weiß.

Schon zu meiner Kindheit und Jugend habe ich Komiker und Satiriker viel mehr bewundert als irgenwelche anderen, sogenannten Helden. Daher finde ich es immer traurig, wenn wieder einer dieser Menschen, die mich mal zum Lachen gebracht haben, von der Bühne des Lebens abtritt. So wie nun Ephraim Kishon. Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gelesen und weiß noch nicht mal, ob ich seine Geschichten heute immer noch so komisch fände, aber ich weiß noch, dass ich seine Bücher damals verschlungen habe und dass sie mir eine große Freude bereiteten. (So wie übrigens auch alle Filme mit Louis des Funes, die mir heute gerade noch ein Schmunzeln entlocken.) Immerhin lebt mit Dieter Hallervorden noch einer meiner "Komik-Helden" von früher.

Donnerstag, 27. Januar 2005

60ter Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

Das immer noch und sicher auch in alle Ewigkeit so Unfassbare am Holokaust ist, dass dieses absolute Grauen mit den Mitteln der Zivilisation und der Industrialisierung stattfand. Da wurde geplant und organisiert, da wurde einander zugearbeitet und da wurden Kräfte gebündelt. Alles, um aus Rassenwahn millionenfach Menschen umzubringen, während ein paar hundert Kilometer weiter westlich die Menschen ihrem scheinbar zivilisierten Alltag nachgingen.

Ich fände es sinnvoll, wenn eine Fahrt nach Auschwitz (oder ein anderes heute noch zu besichtigendes Vernichtungslager) Pflichtprogramm für alle deutschen Schüler würde. Jetzt, da Polen der EU angehört, sollte das organisatorisch keinerlei Problem mehr darstellen. Das würde auch dem immer wieder aufkeimenden Neonazismus endgültig das Wasser abgraben, denn nur noch der übliche unbelehrbare und soziopathische Kern hält nach so einer Erfahrung an solch einem menschenverachtenden Gedankengut fest.
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